Fußball

Vertragsauflösung nach Fandrohungen Fall Pezzoni erschüttert 1. FC Köln

Erst klang es nach einer ganz normalen Vertragsauflösung - doch hinter der Trennung des 1. FC Köln von Kevin Pezzoni steckt Schlimmeres als nur sportliche Unzufriedenheit. Der 23-jährige Abwehrspieler wird vor seiner Wohnung "angepöbelt und massiv bedroht" und auch auf Facebook gemobbt. Schon beim Karneval war er tätlich angegriffen worden.

Kevin Pezzoni hat die Freude am Fußball verloren.

Kevin Pezzoni hat die Freude am Fußball verloren.

(Foto: dapd)

Holger Stanislawski nahm sich Zeit und sprach lange über die sportliche Misere des 1. FC Köln - dann berichtete er mit traurigen Augen von weit schlimmeren Zuständen. Defensivspieler Kevin Pezzoni ist von eigenen Fans immer wieder bedroht worden und hat sich deshalb entschieden, nie mehr für den erneut abgestürzten Bundesliga-Absteiger aufzulaufen. Seiner Bitte um Auflösung des Vertrags wurde entsprochen.

"Da hat eine Gruppe von Menschen dem Spieler Pezzoni in dieser Woche vor dessen Privatwohnung aufgelauert, ihn angepöbelt und ihn massiv bedroht", sagte Stanislawski nach dem 0:1 (0:1) in der 2. Liga gegen Energie Cottbus: "Das geht nicht, das kann nicht sein! Sie haben Zettel an sein Auto geklebt und ihm klar gemacht, dass sie ihm weh tun wollen. Damit haben diese Leute eine Grenze überschritten."

Pezzoni habe sich daher entschieden, nicht mehr für den FC zu spielen, er habe in Angst gelebt. "Bei jedem Ball, das hat er mir berichtet, ging es ihm nur noch darum, keinen Fehlpass zu spielen. Das ist nicht zu tolerieren", sagte Stanislawski sichtlich bewegt. An Karneval hatte ein Angreifer Pezzoni bereits die Nase gebrochen. Nun wurde der Abwehrmann, der zuletzt in der Innenverteidigung gespielt hatte, auch im Internet bedroht.

"Aufmischen" und mehr

Bei Facebook gründete sich eine Gruppe, die dazu aufforderte, Pezzoni und Co. "aufzumischen". User schrieben in Kommentaren sogar, dies werde nicht ausreichen. Kevin Pezzoni äußerte sich nicht zu den Drohungen, er stellte aber gegen 13.00 Uhr eine Nachricht auf seine Facebook-Seite. "Es freut mich, zu lesen, wie viel Verständnis für unsere Entscheidung entgegengebracht wird und wie viel Unverständnis wir gemeinsam gegenüber Mobbing, Beleidigungen, Gewalt und Co. haben", schrieb er. "Dies hat weder auf noch neben dem Platz oder im privaten Umfeld etwas zu suchen."

Die positiven, aufmunternden Rückmeldungen blieben ihm gemeinsam mit "vielen schönen und erfolgreichen Spielen mit dem FC" in Erinnerung. Stanislawski, der vom FC St. Pauli einen ganz anderen Umgang der Fans mit Spielern gewohnt war, zeigte sich tief getroffen. "Wir haben die beste Lösung für Kevin gesucht. Das war der Abschied. Dabei ging es nicht um finanzielle Dinge. Da muss man Menschlichkeit zeigen. Ich hoffe, er findet wieder Spaß am Fußball", sagte der FC-Trainer.

Team steht "unter Schock"

Wenn zu körperlicher Gewalt aufgerufen werde, fügte er hinzu, könne "ein 23-Jähriger nicht mehr unbeschwert Fußball spielen. Einige Worte, die da gefallen sind, möchte ich nicht wiederholen. Es ist ein Zustand, der sich über längere Zeit aufgebaut hat." Wo Pezzoni in Zukunft spielen wird, ist offen. Abwehrspieler Christian Eichner erklärte, die gesamte Mannschaft stehe "unter Schock". Er berichtete, er selbst habe am 5. Mai nach dem Bundesliga-Abstieg der Kölner (1:4 gegen Bayern München) das Stadion aus Sicherheitsgründen im Kofferraum des Autos seiner Eltern verlassen.

In einem offenen Brief äußerte sich auch die Mannschaft des 1. FC Köln zu der Situation. "Wir alle kennen unsere Rolle und unsere Verantwortung. Doch wir lassen als Mannschaft nicht zu, dass einzelne Spieler von einzelnen Chaoten gedemütigt und persönlich angegangen werden. Wir erwarten Fairness und Respekt im Umgang mit jedem einzelnen Spieler", hieß es in dem Schreiben.

Die wieder einmal unglaublichen Vorgänge rund um den Verein überschatteten das Sportliche, das ebenfalls zu denken gibt. Der kriselnde Erstliga-Absteiger taumelt durch die 2. Liga, gegen Energie Cottbus setzte es beim 0:1 bereits die dritte Saisonniederlage. Saisonübergreifend sind die Geißböcke seit 13 Spielen sieglos. Während Köln mit nur einem Zähler auf dem vorletzten Tabellenplatz feststeckt, setzte Cottbus seinen Höhenflug fort.

Quelle: ntv.de, Thomas Nowag und Cai-Simon Preuten, sid

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